Männer, die nicht mehr mitmachen

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[Update]

Konferenzen, Panels, Events, die nur oder fast nur mit Männern besetzt sind, leben davon, dass es Männer gibt, die mitmachen.

Klar ist es nicht einfach, eine Anfrage abzulehnen, bei einer attraktiven Konferenz auf dem Podium zu sitzen. Aus der Rolle des gefragten Experten in die des Nörglers zu wechseln, der schon wieder damit, dem total unsexy Gender-Thema, ankommt, noch weniger. Ob die mich dann nächstes Jahr überhaupt noch anfragen?

Wer ist sich seiner freelancenden Sache schon so sicher, darauf gut verzichten zu können?

(Interessant wäre, ob der Einkommensunterschied zwischen Freelancern und Freelancerinnen über den 23% liegt, die Deutschland Teil der Spitzenreiter unter den Gender-Pay-Gap-Ländern sein lässt – ich vermute, dass es da noch deutlich drastischer aussieht?)

small_14740709-1Inzwischen gibt es einige Initiativen, zumindest die Teilnahme an reinen 0-Prozent-Panels abzulehnen.

Die Referenten-Selbstverpflichtung „Keine Men-only-Podien in der deutschen Interaktiv-Wirtschaft“ erklärt:

Internet- und Interactive-Konferenzen sind noch immer ein weitgehend frauenfreies Feld: Weniger als 15 Prozent aller ReferentInnen auf deutschsprachigen Konferenzen waren im vergangenen Jahr weiblich. Auf der Webciety 2013 waren gar mehr als 90 Prozent aller Vortrags-Slots von Männern besetzt.

(…)

Deshalb erklären die Unterzeichner dieses Aufrufs, dass sie künftig nicht mehr an öffentlichen Diskussionsrunden der Interaktiv-Wirtschaft teilnehmen werden, für die ausschließlich Männer eingeladen wurden.

Wer das unterstützt, kann sich einfach hier selbst eintragen.

Wolfgang Lünenburger-Reichenbach, kurz @luebue, hat im November in Von Pubertät und Podien gut erklärt, warum es für ihn keine Sache der Wohltätigkeit ist, nicht mehr mitzumachen.

Um es klar zu sagen: Ich halte es für eine Veranstaltung für schädlich, wenn sie an einem Format festhält (also vor allem Vorträge, Vorträge, Vorträge, dieses pubertäre Format), das systemimmanent nicht nur überwiegend uninteressant ist sondern auch viele Frauen, die ich kenne und für gute Lehrerinnen und Erzählerinnen halte, ausschließt.

An solchen Tagungen, die zusätzlich auch noch mich selbst langweilen, werde ich nicht mehr teilnehmen. Weder als Sprecher noch als Teilnehmer. Und das, obwohl ich mich sehr gerne reden höre.

Anlass war die „Social Media Economy Days 2012“ mit 30 Referenten und der Offene Brief der Digital Media Women dazu. Weiter @luebue:

Was gar nicht geht, ist das mangelnde Problembewusstsein, das ich aus manchen „Diskussionen“ rund um den offenen Brief heraus hörte. Ich bin fest davon überzeugt, dass der diesjährige Höhepunkt an misogyner Konferenzgestaltung wesentlich durch eine Mischung aus antiaufklärerischer Postgender-Haltung („Frauen haben doch genau die gleichen Chancen, warum melden sie sich nicht mit guten Themen?“) und einem veralteten und unattraktiven Tagungsformat (eben Vorträge von Rampensäuen) passieren konnte.

Damit sich etwas ändert, müssen Männer, die immer wieder angefragt werden für die Rampe – und in der zweiten oder dritten Reihe gehöre ich ja auch dazu, dies richtet sich also auch an mich, nicht nur an andere -, meines Erachtens eine Zeit lang etwas von dieser Rampe zurück treten.

Es wäre gut, wenn es davon noch mehr gäbe: das wäre dann der vielzitierte Strang, an dem wir gemeinsam ziehen müssen, damit sich was ändert.

 Update:

Aprica hat in Ein Versprechen gegen frauenlose Panels mehrere Beispiele gesammelt:

Über die Kommentare kamen noch

Eigene Blogposts schrieben in der Folge

 

In The Atlantic beschrieb Rebecca Rosen A Simple Suggestion to Help Phase Out All-Male Panels at Tech Conferences Pledges von Männern, nicht mehr an all-male Panels teilzunehmen. Darin auch die einfache Möglichkeit, per Klick am Pledge teilzunehmen. Leider musste dieses Projekt beendet werden, nachdem es sabotiert worden war. Sie verweist außerdem auf

 

Bilder:
Madison Guy via photopin,  by-nc-sa-Lizenz
vlauria
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